Antisemitismus in Wort und Bild

Von satirischen Zeitschriften bis zur aktuellen Nahostberichterstattung: Ein neuer Band analysiert die Bilder, die von Juden in den Medien vermittelt werden.
Von Thomas Schmidinger

Der in einer Reihe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erschienene Sammelband „Jewish Images in the Media“ beschäftigt sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit den Fragen der Bilder über Juden, die medial vermittelt werden. Der breite thematische und zeitliche Zugang reicht dabei von satirischen Zeitschriften des 19. Jahrhunderts über türkische Karikaturen der 1930er- und 1940er-Jahre bis zur Nahostberichterstattung von ARD und ZDF. Interessant sind dabei insbesondere die Untersuchungen vom „ewigen wandernden Juden“ mit denen sich Nelly Elias und Julia Bernstein in ihrer vergleichenden Untersuchung der medialen Rezeption von Juden in Russland und russisch-jüdischen MigrantInnen in Deutschland und Israel, sowie Philip Webb in seiner Arbeit über Heimatlosigkeit in New York um 1900 auseinandersetzen.

Der Band bleibt dabei jedoch nicht bei den deutlich werdenden antisemitischen Ressentiments stehen, sondern stellt auch Fragen nach dem Umgang jüdischer Medien und nichtjüdischer Gegner des Antisemitismus mit den medial transportierten Ressentiments. Historisch interessant ist dabei Kerstin von der Krones Analyse der Berichterstattung über die Damaskus-Affäre von 1840 in deutsch-jüdischen Zeitungen. Die Damaskus-Affäre, die einen wesentlichen Anteil am Import moderner antisemitischer Ressentiments in die islamische Welt hatte, führte über französische Franziskanermönche zur Verbreitung einer gegen Juden gerichteten Ritualmordlegende in Syrien. Schließlich löste die Affäre Ausschreitungen gegen jüdische Gemeinden im ganzen Nahen Osten aus. In der deutsch-jüdischen Presse wurden diese Ereignisse breit rezitiert. „Für die deutschen Juden war die Berichterstattung innerhalb der jüdischen Presse nicht nur eine wichtige Informationsquelle, sondern auch ein Ort zur Diskussion über einzelne Elemente der Affäre. So bildeten die jüdischen Wochenschriften eine Kommunikationsplattform, die es ihren Lesern ermöglichte, jenseits der oft voreingenommenen allgemeinen Presseinformationen über die Geschehnisse in Erfahrung zu bringen und eine eigenen Sicht auf die Ereignisse zu entwerfen.“ (S. 168f)

Hanno Loewy, seit 2004 Direktor des jüdischen Museum in Hohenems, geht in einem sehr spannenden Beitrag auf die Rezeption von Auschwitz in der US-amerikanischen Comic-Kultur ein. Die dabei erzählten Geschichten hätten sowohl realistische Einflüsse, als auch Einflüsse magischer Märchen. Der Holocaust wird dabei auch zum Abenteuer zwischen Gut und Böse stilisiert. Elisabeth Kübler geht schließlich den europäischen Bemühungen in der Bekämpfung des Antisemitismus und der diesbezüglichen Rolle der Medien nach.

In seiner Gesamtheit bietet der überwiegend in englischer Sprache verfasste Sammelband einen gute Einblick über gegenwärtige wissenschaftliche Debatten zur Darstellung von Jüdinnen und Juden in den Medien, sowie zu Reaktionen auf medial transportierte Antisemitismen. Die Bedingungen unter denen diese medialen Stereotype produziert werden, kommen dabei jedoch teilweise zu kurz. Wie bei vielen Sammelbänden fehlt teilweise eine stringente Komposition des Gesamtbandes, der zwar interessante Details analysiert, damit aber nur Teile eines Puzzles sichtbar machen kann. Wenn der Band damit jedoch als Einladung zu weiteren Debatten und Analysten dienen sollte, erfüllt er jedenfalls seinen Zweck.

Martin Liepach /
Gabriele Melischek /
Josef Seethaler:
Jewish Images in the Media Relation –
Communication Research in Comparative Perspective. Austrian Academy of Science
Wien, 2007
IS BN 978-3-7001-3878-5
Preis: € 23,20

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